In der nachfolgenden Darstellung von der Entwicklung der Planung zur Haltestelle Wolnzach Markt sind selbst erstellte 'Gleispläne' eingefügt, da aus Urheberrechtsgründen das unmittelbare Einstellen von Bildern der Originalpläne nicht möglich ist. Die 'Gleispläne' sind nicht exakt maßstäblich und nur als Prinzipskizzen zum jeweiligen Text zu verstehen. Angefertigt wurden sie mit Hilfe von Gunnar Blumerts 'Winrail' unter Verwendung der Gleisbaubibliothek für das Roco-Line-Gleis ohne Bettung mit den langen 10°-Weichen.
Ausgangspunkt ist der Kostenvoranschlag, der letztendlich in das Gesetzgebungsverfahren einfloß, das vor Beginn des Baus der Lokalbahn in die Hallertau stand. Darin hieß es zunächst bezüglich der Ausstattung der Haltestelle Wolnzach Markt: „An Spuranlagen ist ein an das Hauptgeleise beiderseits angeschlossenes Ladegeleise vorgesehen ...“ Diese Aussage führte zum obenstehenden Plan.
Von einem zusätzlichen Gleisstutzen (wie z.B. für die Haltestellen Gosseltshausen und Gebrontshausen) ist hier keine Rede, mithin bedarf es in der betrachteten Haltestelle nur zweier Weichen für den beiderseitigen Anschluß des Ladegleises an das Hauptgleis.
Diesem ersten, deskriptiven Teil des Kostenvoranschlags steht der zweite Teil gegenüber, der im Rahmen der Kostenermittlung eine genaue Auflistung der benötigten Gleisbaumaterialien umfaßt. An dieser Stelle sind für die Haltestelle Wolnzach Markt dezidiert drei Weichen aufgeführt, was zum zweiten Plan führte.
Die Frage ist, wie diese nicht übereinstimmenden Punkte zu werten sind. Dazu kann eventuell eine kleine quellenkritische Analyse des Kostenvoranschlags hilfreich sein.
Der Kostenvoranschlag präsentiert sich heute als in sich geschlossener, gebundener Akt, der sich aus mehreren Lagen zusammensetzt. Die Bindung erfolgte eindeutig nachträglich. Die zusammengebundenen Teile stellen sich wie folgt dar: Teil 1 (paginiert) bietet die Beschreibung der zu Grunde gelegten Gegebenheiten und den sich daraus abzuleitenden Maßnahmen. Der nachfolgende zweite Teil (jetzt nicht mehr paginiert sondern foliiert, also mit Blatt-, nicht mit Seitenzählung) beinhaltet die berechneten Einzelpositionen etwa im Stile einer Ausschreibungsunterlage. Das Endergebnis dieser Berechnungen ist dann als abschließende Gesamtkostenberechnung hinten an den ersten Teil nochmals angeschlossen. Auf den zweiten Teil folgen im Akt noch fünf weitere Teile, die, als Beilage Nr. 1 bis 5 bezeichnet, einzelne Punkte der Kostenermittlung noch weitergehend aufsplitten:
„Beilage No 1. Generelle Berechnung der zu erwerbenden Grundflächen für die projektierte Lokalbahnlinie von Station über Markt Wolnzach nach Mainburg.
Beilage No 2. Generelle Berechnung der zu bewegenden Erdmassen auf der projektierten Lokalbahnlinie von Station über Markt Wolnzach nach Mainburg. Mit 1 Massennivellement.
Beilage No 3. Massennivellement für die Erdarbeiten auf der projektierten Lokalbahn-Linie von Wolnzach nach Mainburg.
Beilage No 4. Berechnung der zu befestigenden Wegkronenflächen auf der projektierten Lokalbahnlinie von Station über Markt Wolnzach nach Mainburg.
Beilage No 5. Zusammenstellung der Kunstbauten auf der projektierten Lokalbahnlinie von Station über Markt Wolnzach nach Mainburg.“
Diese Beilagen sind weder foliiert noch paginiert, sondern stellen einzelne einlagige Faszikel dar, die jeweils in sich mit einer einfachen Fadenbindung zusammengehalten werden. Die fünf Beilagen, sind, ausgehend vom Inhalt, im unmittelbaren Zusammenhang mit der Entstehung des zweiten Teils zu sehen, da sie ihn ergänzen bzw. in Einzelpunkten näher die Ausgangsfrage untersuchen.
Damit bleibt die Frage der Abhängigkeit von Teil 1 und 2. Wie schon der äußerliche Unterschied von Paginierung und Foliierung zeigt, kann nicht von einer Anfertigung in einem Guß ausgegangen werden, auch wenn beide Teile von ein und derselben Hand geschrieben worden sind. Inhaltlich bietet Teil 1 einerseits die Grundlagen für die Berechnungen des zweiten Teils, andererseits hängt das im ersten Teil dargestellte finanzielle Endergebnis unmittelbar von Berechnungen des zweiten Teils und der Beilagen ab. Dieser innere Zusammenhang legt zwei Möglichkeiten nahe: unvollständige Ausarbeitung des ersten Teils, dann Anfertigung der Berechnungen des zweiten Teils und der Anlagen und schließlich abschließend Vervollständigung des ersten Teils. Denkbar wäre in gleicher Weise die parallele Anfertigung der beiden Teile bei gleichfalls abschließender Einarbeitung der Ergebnisse des zweiten Teils sowie der Anlagen in den ersten Teil.
Im ersten Fall läge wohl eine Weiterentwicklung der Planung zwischen der Anlage des ersten und der des zweiten Teils des Kostenvoranschlags nahe, im zweiten Fall könnte wohl ein Irrtum oder Versehen angenommen werden, was zu der beschriebenen Diskrepanz führte. Es muß mangels eindeutiger Quellen dahingestellt bleiben, welcher der beiden Lösungsansätze wirklich zutrifft, wenngleich die Nichterwähnung eines Gleisstutzens für die Haltestelle Wolnzach Markt, der sich durch den Einbau einer dritten Weiche zwangsläufig ergibt, eine gewisse Präferenz für den Gedankengang der Weiterentwicklung der Planung bedeuten mag. Festzuhalten bleibt: die im zweiten Teil ermittelten Kosten mit der Voraussetzung von drei Weichen in der Haltestelle Wolnzach fanden Aufnahme in das Gesetz, das die Grundlage der Eisenbahn in die Hallertau darstellt. Es darf also davon ausgegangen werden, daß die Lösung mit drei Weichen die Voraussetzung für die 'Feinplanung' Ende 1893/Anfang 1894 darstellte.
Eindeutig von einer planerischen Weiterentwicklung kann zwischen dem zweiten gezeigten Plan am Ende der Vorausberechnung und dem, was am Ende der 'Feinplanung' stand, gesprochen werden. Dieser Plan wurde im Februar 1894 entwickelt und im März des Jahres durch die Kgl. Eisenbahnbausektion Wolnzach genehmigt. Jetzt erhielt die Haltestelle noch eine vierte Weiche, wodurch eine Umfahrung von auf dem Hauptgleis im Rahmen von Rangiertätigkeiten vorübergehend abgestellten Wagen mit einer Nutzlänge von 88 m entstand. Gleichzeitig erhielt der Bahnhof damit zwei Gleisstutzen mit einer Nutzlänge von 32 m links am Güterschuppen und von 40 m rechts, auf der gegenüberliegenden Seite, an der Kopf-/Seitenrampe. Ursprünglich war für die Haltestelle im Kostenvoranschlag eine Nutzlänge von 120 m vorgesehen gewesen, die sich sowohl in der Version mit zwei wie in der mit drei Weichen wiederfindet. Durch den Einsatz der vierten Weiche steigerte sich die Gesamtnutzlänge auf 160 m, mithin also um ein Drittel (40 m) gegenüber der ursprünglichen Planung.
Bis zu diesem Zeitpunkt beruhten alle Planungen auf eine Inbetriebnahme der Gesamtstrecke von der Station Wolnzach bis nach Mainburg. Die letzte Veränderung war dann der bereits angesprochenen Betriebsaufnahme auf der Teilstrecke von der Station Wolnzach bis zur Haltestelle Wolnzach Markt geschuldet. Dafür war eine Zuggarnitur notwendig, deren Lok es zu versorgen galt. Aus diesem Grund wurde eine Füllgrube am Südende der Haltestelle überplant, eine fünfte Weiche mit rechtem Abzweig auf dieser Seite im Hauptgleis eingefügt und eine kleine Lokstation vorgesehen.
Diese Abänderungen wurden gegenüber der schwarzen (heute meist grau bis hellbraun anmutenden) Tinte des ursprünglichen Plans mit blauer Tinte eingetragen und das jeweilige Blatt mit dem gleichfalls in blauer Tinte geschriebenen Vermerk versehen: 'Die Bauausführung hat nach der blauen Abänderung zu erfolgen. Anerkannt:', die Unterschrift durch 'J. Maier' erfolgte dann wieder mit der üblichen schwarzen Tinte. Zur Verdeutlichung, daß diese fünfte Weiche nur als Provisorium von vorübergehender Bedeutung zu verstehen war, wurde sie ebenso nur gestrichelt eingezeichnet wie auch der damit angeschlossene Gleisstutzen samt dem zugehörigen kleinen Lokschuppen.
Damit war ein Abschluß der Planung erreicht, der, wie Pläne zur Bestandserfassung aus dem Dezember 1894 belegen, auch umgesetzt worden war und damit zur Grundlage für den Nachbau der Haltestelle im Zustand zu diesem Zeitpunkt dient. Wie der nächste Abschnitt zeigt, sah das nur ein Jahr später schon wieder etwas anders aus.
... und das ist für mich DER Verein zum Holledauer Bockerl: